baroque 1575 – 1730 | BAROCK

Die Wurzeln des Barockstils liegen gegen Ende des 16. Jahrhunderts in Rom. Üppig und verschwenderisch ist er quasi die sinnlich-opulente Antwort auf das nüchterne Erscheinungsbild des Protestantismus. Das Wort Barock ist ein Ausdruck entrüsteter Zeitzeugen und bedeutet eigentlich absurd oder grotesk. Barockes Pathos zeigt sich in seiner üppigen, bewusst übersteigerten und gravitätischen, symmetrischen Formenpracht. Die absolute Autorität von Monarchie und Kirche hat im 17. Jahrhundert die Entwicklung dieser kraftvollen Ausdrucksformen gefördert, die die Repräsentanten des Absolutismus zur Selbstdarstellung und Demonstration ihres Machtanspruchs benötigen. Der Barockmensch ist ein Sinnenmensch, der Erkenntnisse im Bereich des Geistes wie des Glaubens sinnlich erleben will.

Die Epoche ist gekennzeichnet durch das Bestreben von Kirche und Staat – sprich dem absoluten Monarchen -, den Menschen, der sich ein hohes Maß an Selbstständigkeit erkämpft hat, wieder in ein Ordnungssystem zu zwingen. Es ist die Zeit der Kirchenspaltung und dynastischer Spannungen, die die Menschen tief verunsichert und ab 1618 in den 30-jährigen Krieg mündet, der nahezu den gesamten Kontinent betrifft. Mitteleuropa erleidet einen Bevölkerungsrückgang, dadurch verringert sich der Einfluss des Bürgertums und der Adel gewinnt neue Macht. Kirchliche Orden entstehen wie der Jesuitenorden, der sich als weltweit agierender Missionar des Katholizismus versteht. Der Westfälische Friede 1648 beendet die militärische Auseinandersetzung, hat eine Glaubensspaltung und die Entstehung von Nationalstaaten zur Folge. Im selben Jahr erlangen die Niederlanden ihre Unabhängigkeit von Spanien. Das goldene Zeitalter bringt eine Blüte von Handel und Kunst mit sich. Die Ostindische Kompanie wird 1600 gegründet. Amsterdam ist wichtigster europäischer Handelsplatz und wird erst Anfang des 18. Jahrhunderts als Metropole des Welthandels von London abgelöst.

 

 

Internationales Wechselgeschäft läuft über Börsen ab. Die Türken belagern Wien 1683 zum zweiten Mal, was die Lust am „Curieusen“, sprich exotisch, orientalisch Anmutendes in Mode bringt: Frankreich wird im 17. Jahrhundert zur großen Macht in Europa. Die Kardinäle Richelieu und Mazarin legen den Grundstein für die absolute Machtstellung des Königs. Der Sonnenkönig, Ludwig XIV. von Frankreich, ist das Vorbild für europäische Herrscherhäuser. Planmäßig fördert er das Mode- wie Luxusgewerbe. Ab der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts setzt sich das Galante durch und löst im höfischen Umgang das spanische Zeremoniell ab. Natürlichkeit, Eleganz, Wendigkeit sprechen für die neue Mode. Im Spätbarock steigert sich die fürstliche Darstellung und Selbstinszenierung. Kunsthandwerk spielt eine immer größere Rolle. Die Philosophie der Aufklärung nimmt ihren Anfang. Erfindungen und Entdeckungen durch Galilei, Newtons Grundlagen der Mechanik, Descartes und Leibnitz bewirken große Veränderungen. Soziale Gegensätze verschärfen sich. Ein sich rapide ausbreitendes Zeitungswesen sorgt für zunehmend einheitlichen Informationsstand in Europa.

Im Barock herrscht zunächst das Spiel der Farben und Edelsteine im Schmuck vor. Für seine stilistische Entwicklung spielen im 17. Jahrhundert drei Umstände eine entscheidende Rolle: der Wandel der Mode, technische Verbesserungen des Edelsteinschliffs und eine Begeisterung für Blumen. Der Edelsteinschliff gibt den Ausschlag, dass funkelnde Steine Gold den Rang ablaufen und ein gesteigertes Interesse an Botanik und Blumenzucht setzt ein. Das schlägt sich in der Ornamentik nieder. Exotische Vorlagen kommen aus den botanischen Gärten in Paris. Die floralen und vegetabilen Motive werden über Ornamentstichwerke überall in Europa verbreitet. Eine gravierende Änderung ergibt sich Mitte des 17. Jahrhunderts durch die Mode. Das steife Gewand verschwindet. Helle Farben, fließende dünne Stoffe und vor allem das Dekolleté, bringen weibliche Formen zur Geltung. Das Haar darf offen getragen werden. Durch diese Veränderungen entstehen neben neuem Schmuck für Haar und Ohr, auch zierliche Perlenketten und Miederbroschen. Die neuen weichen Pastelltöne sind dankbare Hintergründe für Edelsteine und Perlen. Der ausgedehnte Welthandel macht es möglich, leichter an Edelsteine zu kommen. Fortschritte in Schleiftechniken erhöhen den Glanz der Edelsteine. Die beeindruckendsten Juwelen werden als große Dekoration am Mieder oder Bruststücken angestickt oder als repräsentative Brosche angeheftet. Blattartig und verwirbelt sind die Ornamente und Verzierungen der Preziosen. Ohrmuschel und Barocklaub bestimmen die wuchtigen Ornamentformen. Üppig florale Ohrgehängen sind beliebt, später auch Schleifenmotive. Die „Sévigné-Brosche, ein querovaler Broschentyp in Schleifen- oder Fächerform und verschwenderisch mit floralen Motiven ausgestaltet, wird unter dem Ausschnitt getragen. Großer Beliebtheit erfreuen sich neben Perlen auch Korallen, deren feuerrote Farbe sich für die farblich einheitlichen Parüren eignet, wie sie als Schmuckgarnituren in Mode kommen. Mehr und mehr setzt sich aber der Diamant in immer strahlenderen Schliffformen durch. Der Diamantenmarkt wird ab 1670 überschwemmt von den neuentdeckten riesigen Vorkommen aus Brasilien. Bis dahin kannte man Diamanten nur aus Golconda in Indien. Seine verwendete Form ist bislang die Pyramide oder der Spitzstein und entspricht am ehesten der natürlichen Oktaedergestalt des Diamantkristalls. Dazu kommt der Tafelschliff mit acht schrägen Kantenflächen. 1640 entwickelt sich der Mazarinschliff mit 32 weiteren Facetten. Der Materialwert ist nun so immens hoch, dass die Edelsteine häufig wieder verwendet oder Schmuckstücke modernisiert, also ummontiert werden.

Und wer sich keine echten Steine leisten kann behilft sich mit falschen. „Kieselglas“: Diese Erfindung aus England imitiert Diamanten und deren Facettierungen so gut, dass der falsche dem echten Stein, besonders bei Kerzenschein, zum Verwechseln ähnelt.