renaissance 1460 -1540 | RENAISSANCE

Als Renaissance bezeichnet man eine kunst- und geistesgeschichtliche Epoche, die im 15. Jahrhundert von Italien ausgehend, in Deutschland, England und Frankreich aufgegriffen, eine Wiederbelebung klassischer Ideale in Kunst und Gedanken zum Ziel hat. Die Vorstellung von idealer Schönheit des menschlichen Körpers ist von der Antike geprägt. Zur Verwirklichung der menschlichen Idealvorstellung wird der Gedanke des Schmückens wichtiger. Charakteristisch für den Stil ist ein neuartiger Naturalismus mit expressiver, bewegter und ornamentalisierenden Formensprache. Zunehmend verspielter zeigt sich die Spätrenaissance bei der es über die möglichst exakte Naturnachahmung hinauszugeht und bei der es gilt höchst idealisierte Formen zu erschaffen.

Die Renaissance – die „Wiedergeburt“ der Antike – bringt in Philosophie, Wissenschaft, Kunst, Rechts- und Staatswesen tiefgreifende Veränderungen. Aus Interesse, Prestige- und Repräsentationsgründen entwickeln Städte und Zünfte, Klerus und Päpste, Adel und Fürstenhöfe sowie reiche Kaufleute ein bislang unbekanntes Mäzenatentum.

 

Verbesserungen im Schiffsbau und bei der Navigation machen die erste Weltumseglung des portugiesischen Seefahrers Magellan möglich. Spanien steigt durch die Eroberungen Mexikos und Perus zur ersten Kolonialmacht auf, wobei die gewonnenen Gold- und Silberminen dem spanischen Hof zu großem Reichtum und ungeheurer Prachtentfaltung verhelfen, die europaweit Mode macht. In Rom startet der Bau des Petersdoms, finanziert mit Ablasshandel. 1517 beginnt von Deutschland aus die Reformation, die neue unabhängige Kirchen entstehen lässt. Mit der Gegenreformation versucht die katholische Kirche ihrerseits eine Erneuerung und ein Rückgängigmachen der Reformation. Europa wird beherrscht von konfessionellen Auseinandersetzungen, wie die Bauernkriege in Deutschland ab 1525, der Ernennung Heinrichs des VIII von England zum Oberhaupt der anglikanischen Kirche 1534, oder die Religionskriege in Frankreich, die 1572 zur Pariser Bluthochzeit führen. Die protestantische Kirche wird 1555 im Augsburger Religionsfrieden anerkannt. In der Seeschlacht von Lepanto, 1571, besiegt die Flotte der Heiligen Liga, gebildet vom Vatikan, von Spanien und Venedig, die osmanische Seestreitmacht und übernimmt die Kontrolle der wichtigsten Handelswege am Mittelmeer. 1572 proben die niederländischen Provinzen den Aufstand und fordern die Unabhängigkeit vom Königreich Spanien. Starke Monarchen stehen an der Spitze Frankreichs, Englands und Russlands. Spanien, das Heilige Römische Reich Deutscher Nation und weite Teile Italiens stehen unter der Herrschaft der Habsburger. Durch die Vernichtung der spanischen Armada 1588 dehnen Engländer und Niederländer ihren Einfluss auf die neu entdeckten Länder und spanischen Kolonien aus.

 

Farbenpracht und Materialvielfalt, Formen- und Motivreichtum zeichnen den Schmuck der Renaissance aus. Er reflektiert auch die Leidenschaft der Zeit für Prunk. Die alltägliche Macht der Religion zeigt sich auch in Schmuckstücken mit aufwendigen religiösen Darstellungen. Spektakuläre Preziosen werden zur Darstellung politischer Stärke getragen. Besonders Heinrich VIII. von England bedient sich enormen Prunks beim Tragen fein abgestimmter Juwelen zu unterschiedlichen Anlässen. Der rigorose Potentat hat den enormen Kirchenschatz seines Landes der Krone einverleibt und stellt diesen am eigenen Leib zur Schau. „Geschmückt wie Altäre an Festtagen“ zeigt sich auch seine Tochter Elisabeth als Königin, deren Schmuckleidenschaft gleichsam legendär ist.

Typisch für die Zeit ist der plastische Anhänger, der unregelmäßige Perlen, Email und farbige Edelsteine in sich vereint. In ihnen spiegelt sich das Interesse an den neu gefundenen Klassikern wieder und macht mythologische Figuren und Szenen beliebt. Emailarbeiten bedecken oft beide Seiten und sind sorgfältig ausgearbeitet. Solche Anhänger bleiben bis ins 17. Jahrhundert geschätzt. Aus unregelmäßigen Perlen entstehen Vögel, Fabelwesen oder ein menschlicher Torso – eine unerschöpfliche Phantasie wird auf diese Kuriositäten verwendet, an denen sich nicht nur fürstliche Sammler ergötzen. Beliebt sind des weiteren Broschen oder Anhänger mit Miniaturporträts – ein verstärkt künstlerisches Bewusstsein für das Individuum wird Kult. Halsketten, schwere massive Gliederketten in vielfältigen Formen und Gürtel aus Gold bleiben lange in Mode, werden von Frauen wie Männern getragen. An den Gürteln hängen allerlei Utensilien für den täglichen Gebrauch: Taschen, Geldkatzen, Messer, Rosenkränze, Amulette und Schlüssel – an jedem Beiwerk ist gleichsam der Stand einer Person ablesbar. Ringe sind sehr beliebt, von denen mehrere an jedem Fingerglied- mit Ausnahme des Mittelfingers – getragen werden. Die Vielfalt ihrer Gestaltung ist unendlich. Sie werden als Siegelringe getragen, ebenso kann sie ein kleiner Reliquienbehälter, etwa als aufklappbare Kasten, schmücken. Um Glanz und Farbe von Steinen zu steigern, wird häufig ein Stück Metallfolie unterlegt. Die Kastenfassung setzt sich mehr und mehr durch. Ringschultern schmückt der Goldschmied nun ebenfalls reich aus. Der Zwillingsring kommt als volkstümliche Ringform auf.

 

Die Kunst der Steingravur lebt wieder auf. Fortschritte in Schleif- und Schnitttechniken verstärken das Funkeln der Steine. Halbedelsteine werden zu Kameen und Gemmen nach antiken Vorbildern verarbeitet, manche auch mit Porträts versehen. Die geschnittenen Steine werden in aufwendige Rahmen aus buntem Email und Ranken- und Rollwerk, besetzt mit Steinen, gefasst.

Der Luxus an den Europäischen Höfen, aber auch im wohlhabenden Bürgertum der reich gewordenen Städte, äußert sich in immer kunstvolleren Schmuckformen. Oft arbeiten die Goldschmiede nach Entwürfen, die als Kupferstiche, beispielsweise von Albrecht Dürer oder Hans Holbein d. J., in ganz Europa gehandelt werden.

Durch die spanischen Eroberungen kommt das Gold der Azteken und Inka aus Mittel- und Südamerika nach Europa. Spanien ist im 16. Jahrhundert das reichste Land der Welt. Neben stark leuchtenden Farben verwendet spanischer Schmuck gerne Filigran und viele Edelsteine, zum Ende des 16. Jahrhunderts vorzugsweise Smaragde aus Kolumbien. Unter dem Druck der spanischen Gegenreformation verliert Mode aber im Lauf des Jahrhunderts ihre Freiheit und Individualität. Sie wird steif und streng, wie das spanische Hofzeremoniell.