postwar 1945-1960 | NACHKRIEGSZEIT
Von Tradition und Neubeginn sind die drei Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt. Nach den entbehrungsreichen Jahren der Kriegszeit setzten sich mit der Sehnsucht nach Luxus und Opulenz weiche, geschwungene Formen und üppige Ornamente durch. Juwelen avancieren zur Wertanlage: „A diamond is for ever“, lautet ein bis heute gültiger Werbeslogan der Zeit.
„Diamonds are a girl’s best friend“ besingt Marilyn Monroe die wiederbelebte Diamantenmode nach dem Zweiten Weltkrieg.
Der New Yorker Juwelier Harry Winston (1896 – 1978) besitzt viele berühmte Diamanten dieser Zeit und tourt mit der Ausstellung Court of Jewels durch Amerika. Eleganz und Weiblichkeit steht in der Mode der Zeit wieder im Mittelpunkt.
In Hülle und Fülle sind Diamanten vorhanden, werden reichlich im Schmuck verwendet und getragen.
Beliebt sind abstrakte Zweigformen besetzt mit verschieden geschliffenen Diamanten, die an Feuerwerke erinnern. Das Mysterie-Setting – eine von Van Cleef & Arpels pattentierte Fasstechnik – läßt eine Anpassung der Edelsteine an jede beliebige dreidimensionale Form zu. Schmuckstücke wie Ringe und Armbänder in komplizierten Spiralen und Kurven, als Blütenblatt oder Vogelfeder geformt, sind teppichartig mit Edelsteinen belegt, ohne sichtbares Anzeichen von Metall. Strukturiertes Gold dominiert diese Dekade. Typisch sind Fuchsschwanzketten, verdrehte Taue, geflochtener Draht, Netzwerk, Doppelkreuze, Ziernähte, Riffelungen oder Lochungen.
Reiner Goldschmuck und Zuchtperlen werden als Tagesschmuck getragen. Diamantschmuck trägt die Dame nur Abends. Amethyst, Türkis, Topas und Koralle sind beliebte Farbsteine der Zeit. Nach wie vor sind Blumen und Tiere gefragt, Federn und Blätter sind die neuen Motive. Das Blatt ist ein Lieblingsthema der Designer. Auch dem Meeresthema mit Muscheln, Seepferdchen und Fischen nehmen sich die Schmuckhersteller der 1950er Jahre an. Der Choker – eine Halskette aus gleich großen dicken Perlen mit Brilliantverschluss ist ein must have. Edelsteine dienen der Demonstration des neuen Reichtums.
Unter dem Motto „Alles geht“ stehen die 1960er Jahre. Es gibt keine Beschränkungen. Für Schmuck verwendet man Gelbgold, Platin und Silber mit drusenförmigen Edelsteinkristallen. Türkise werden zu Cabochons geschliffen und mit runden Brillianten und anderen facettierten Steinen gemixt. Organische abstrakte Formen mit rauen zackigen Kanten werden in modelliertes, grob strukturiertes Metall eingebettet. Die 1960er Jahre sind geprägt von der Begeisterung für die Raumfahrt. Der Wettlauf zum Mond regt auch das Schmuckdesign an. Goldschmiede experimentieren in ganz Europa mit Variationen der Oberflächengestaltung, um Konventionen zu brechen. Vorläufer ist der Maler Georges Braques, der Sand in seine Farben mischt, um Granulareffekte zu erzielen. Auch bei seinen Schmuckentwürfen arbeitet er mit Mattierungen, die der Juwelier Heger von Loewenfeld für ihn ausführt.
Künstlerschmuck
In den frühen Nachkriegsjahren entwickelt sich der Trend, Schmuck als eine Form tragbarer Kunst zu akzeptiert. Er soll den Charakter des Trägers wie auch des Designers ausdrücken. Diese Befreiung von der Konvention traditioneller Schmuckkunst basiert auf den modernistischen Prinzipien des Bauhauses und früherer Avantgarde-Bewegungen wie Surrealismus, Kubismus und Konstruktivismus. Das erlaubt das Schaffen einzigartigen Designs, oft mit bildhauerischen Qualitäten wie die Schmuckskulpturen des Künstlers Alexander Calder (1898 – 1976) zeigen, die die ganze Pariser Bohèm trägt. Schmuck dieser Periode ist häufig abstrakt und wird von namhaften Künstlern wie , Pablo Picasso (1881 – 1973), Salvador Dali (1904 – 1989), Max Ernst (1891 – 1976), Man Ray (1890 – 1976) und Georges Braque (1882 – 1963) oder Jean Cocteau (1889 – 1963) entworfen. So entstehen in den 50er Jahren einige der interessantesten und innovativsten Stücke, in denen zeitgenössische Künstler die Prinzipien ihre Kunst in Juwelenkunst umsetzen.