modernism 1920-1940 | Avantgarde

Modernismus oder Avantgarde bezeichnet eine stilistische Form der kulturellen Revolution, vor allem gegen Ende der 1920er Jahre, die vom raschen Fortschritt der Technik und politischen Gärprozessen vorangetrieben wird. In der Kunst wie im Design wird ein radikaler Neubeginn versucht und findet Ausdruck in extremen Form- und Materialexperimenten. Gemeinhin steht der Begriff Modernismus für Vertrauen in den Fortschritt und eine Kritik an überkommenen Ideen und traditionellen Werten. Avantgardistische Konzepte werden mit innovativen, umwälzenden Entwicklungen in Verbindung gebracht.

 

Der Glaube an den technischen Fortschritt zeigt sich in der Formensprache und am innovativen Design der Avantgarde, oft mit einer Verherrlichung der Maschinenästhetik. Kraftvolle, dynamische Linien der Schmuckstücke zeigen die pure Abstraktion und kühlen Glanz. Die Avantgardisten der 1920er Jahre erfinden eine Formensprache, der ein revolutionärer Geist anhaftet. Dem geometrischen, puristischen Stil des Art Déco der Vorkriegsjahre setzten sie nackte Oberflächen, streng puritanische Formgebung und Zweckgebundenheit entgegen. Expressionismus, Abstraktion, Kubismus, Futurismus übernehmen in der Malerei die Führung und finden Anklänge in der innovativen Schmuckgestaltung. Die Schmuckstücke sind bewusst reduziert, markant und ohne dekorative Überladenheit.

Vor allem in Frankreich etabliert sich gegen Ende der 1920er Jahre eine Gruppe von Schmuckkünstlern, die sich rigoros gegen die klassische Juwelierskunst stellt. „Das Charakteristikum des modernen Lebens ist die Geschwindigkeit. Auch die Komposition eines Schmuckstücks muss rasch und leicht verständlich sein. Dafür bedarf es einfacher Linien, frei von Effekthascherei oder überflüssigem Zierrat. Jedem Schmuckstück muss eine klare Konzeption zugrunde liegen, bei der Proportion und Farben harmonisch aufeinander abgestimmt sind“, so formuliert George Fouquet die neuen Maßstäbe, denen sich die Gruppe U.M.A. (Union des Artistes Modernes) – gegründet von Jean Fouquet (1899 – 1994), Gerard Sandoz (1902 – 1995), Jean Puiforcat (1897 – 1945) und Raymond Templier (1891 – 1968) im Jahr 1929 – unterwirft.

 

Die Avantgardisten revolutionieren den Schmuck der 1930er Jahre mit neuen Formen und einem neuen Materialverständnis. Die kraftvollen, dynamischen Linien zeigen die pure Abstraktion, frei von jeglichem pittoresken Zierrat, inspiriert durch die Ästhetik der Maschine und der Bewegung.

Raymond Templier entwickelt schon früh einen eigenen Stil mit besonderen Materialkombinationen und trapezförmigen oder rechtwinkligen Stücken, wobei er grünes und graues Email mit Brillianten kombiniert.

Im Haus Fouquet pflegt man die betont geometrische, nahezu kubistische Formensprache. Jean Fouquet (1899 – 1994) entwirft gewagte Schmuckexperimente, die langsam Anhänger finden. Plastizität in abgerundeten oder gewölbten Ausformungen verraten futuristische Anklänge. Die auffälligsten Neuheiten sind scheibenförmige Anhänger, die an einer Seidenkordel getragen werden. Avantgardistische Schmuckstücke werden immer voluminöser und muten futuristisch an. Armreifen, Kolliers und Ringe werden in extrem strengen Formen und in kühl wirkenden Materialien wie Graugold und Edelstahl gefertigt. Es gibt nur wenige Farbakzente.

Die Verherrlichung der Maschinenästhetik stechen besonders bei den Arbeiten Jean Desprès (1889 – 1980) ins Auge: Sein Motorenschmuck löst 1931 große Aufregung aus. Broschen, Ringe und Armbänder erinnern an Pleuelstangen, Kurbelwellen und Getriebe. Sie sind der Höhepunkt seiner künstlerischen Kreativität.