art deco 1915 – 1930 | ART DECO

Art Déco bezeichnet eine Stilrichtung im Kunstgewerbe, deren Entstehung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Pariser „Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels Modernes von 1925 steht. Die Ästhetik des Art Déco basiert auf der ungewöhnlichen Kombination unterschiedlicher Farben, edler und rarer Materialien mit ungewöhnlichen wie Horn oder Glas, schwieriger Techniken wie Lack- oder Emailarbeiten und klaren Formen.

Eine besondere Stilrichtung des französischen Kunstgewerbes der 1920er Jahre ist der Art Déco, oder Style Moderne – eine Reaktion auf den französischen Jugendstil, den Art Nouveau mit seinen verspielten, von der Natur inspirierten Formen.
Art Déco ist ein geometrischer Stil, der sich in seinem klaren, linearen, kantigen Erscheinungsbild deutlich absetzt und auch als Art Moderne oder Modernistic bezeichnet wird. Die Kombination diverser Farben und abstrakter Muster machen den Stil aus, beinflusst vom Egyptian Revival ebenso wie vom Kubismus als auch von Afrikanischen wie Orientalischen Kunstgegenständen.
Die reduzierte Form ist eine Folge der Ernüchterung nach dem Ersten Weltkrieg und damit des Zusammenbruchs der alten Welt. Alle repräsentativen schmückenden Schnörksel sind jetzt, auch als Symbol moralisch erledigter Werte, abzulehnen. Erlösung sieht man im neuen Maschinenzeitalter, auch in der Geometrie und Abstraktion. In Deutschland entsteht gleichzeitig das Bauhaus. Die totale Umwandlung etablierter Staatsformen, der Werteverlust der alten Gesellschaft und der Wandel des Frauenbildes, führen in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg auch zu einem neuen Schmuckverständnis. Mode und Schmuck gehen zunehmend eine engere Verbindung ein. Erstmals tauchen deutliche Gemeinsamkeiten in den Kollektionen von Couturies und Juwelieren auf. Die Entstehung des Stils steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Versuch der französischen Regierung, die ab 1907 gezielt das französische Kunstgewerbe auf dem internationalen Markt fördert. Ein moderner Stil soll entwickelt werden und das mit dem Schwerpunkt Luxusobjekte. Seinen Höhepunkt erreicht der Art Déco auf der Internationalen Kunstgewerbeschau in Paris 1925. Zu den wichtigsten Vertretern gehören Georges (1862 – 1957) und Jean Fouquet (1899 – 1964), Louis Cartier (1818 – 1904), Paul Poiret (1879 – 1944)(Maison Gripoix), André Groult (1884 – 1966), Charles Dufresne (1876 – 1938), Raymond Templier (1891 – 1968), Jean Desprès (1889 – 1980), Jean Dunand ( 1877 – 1942), Suzanne Belperron (1900 – 1983) wie auch namhafte Juwelierfirmen. Neben Cartier (seit1847) zählen dazu Boucheron (seit 1858), Van Cleef & Arpels (gegr. 1906) oder Lacloche (gegr. 1875). In Amerika sind es Tiffany’s und Harry Winston (1896 – 1978).

 

 

Als einer der großen Modeschöpfer ist Paul Poiret (1879 – 1944) wegweisend bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Er hat einen wichtigen Anteil an der Entwicklung des Art Déco Stils, auch im Schmuck. Seine Entwürfe gelten als revolutionär – er ist der Designer, der die Frauen vom Gefängnis des Korsetts befreit. Seine Stellung in der Modewelt nimmt nach Kriegsende Coco Chanel (1883 – 1971) ein, die sich auch dem Schmuckdesign widmet. Mit Fulco di Verdura (1898 – 1978) realisiert sie den juwelenbesetzen Armreif mit Malteser-Kreuz und Kultstatus. Die Vogue urteilt 1926 „Chanel erschuf das absolut einfache Kleid, eine Form, die nach Juwelen verlangt, um sie aus der Tristesse zu befreien.“ Der Art Déco übt während der 1920er und 1930er Jahre einen beachtlichen Einfluss auf das Kunstgewerbe in anderen Ländern aus, besonders verbreitet in den USA. Der geometrischere und zurückhaltende Wiener Jugendstil dient als Vorbild. Die Ästhetik des Art Déco basiert auf der ungewöhnlichen Kombination unterschiedlicher Texturen, Farben und Materialien. Weg vom figurativen Ornament der Art Nouveau, kommt es in der Schmuckgestaltung zur streng geometrischen und abstrakten Form mit scharfen, klaren Linien und stark kontrastierenden Farben. Modernistische Schmuckstücke, etwa von Georges Fouquet oder Jean Desprès (1889 – 1980), nehmen mit ihren Kreisen, Winkeln und Bögen Anleihen aus dem Formengut des modernen Maschinenzeitalters der 1930er Jahre. Vor allem Desprès ist kompromisslos geometrisch modern. Während des Ersten Weltkriegs arbeitet er als Flugzeugdesigner, was sich in seinen Linien, Themen und Materialien niederschlägt: Zahnräder, Kolben, Propellerblätter, Kurbeln inspirieren seine großen kostbaren Broschen. Der französische Juwelier Raymond Templier (1891 – 1968) ist einer der wichtigsten Gründungsmitglieder der „Union des artistes modernes“. Er gehört zu einer kleinen Gruppe innovativer Art Déco Designer, deren Arbeiten in einem minimalistisch geometrischen Stil arbeiten, der sich am Kubismus und Industriedesign orientiert. Er ist stark involviert in die wichtigen internationalen Design-Ausstellungen 1925 und 1937 in Paris. Berühmt ist er als der „Architekt unter den Juwelieren“. Seine Arbeiten charakterisieren abstrakte, geometrische Volumina, inspiriert vom zeitgemäßen Leben. Gewagte Farben und Oberflächen steigern die Modernität und die Erscheinung seiner Kreationen. 1930 kommentiert er seine Schmuckstücke als Ideen, die er von der Straße aufließt, von Rädern und Autos, von der täglichen Maschinerie. Diese Inspirationsquellen resultieren in einer neuen Bildsprache und strengen einfachen Ästhetik seiner Juwelen.

Die Farbpalette des Art Déco ist Koralle, Smaragd und Onyx. Jeanne Boivin (1871 – 1959), Schwester Paul Poirets und Ehefrau des 1917 verstorbenen Juweliers René Boivin, bringt in den Schmuckstil eine neue Note, ignoriert die vorherrschende Mode und schafft einen Look, der das Geometrische und Abstrakte ebenso umfasst wie naturalistische Elemente. Den Farbenkanon erweitert sie um große Halbedelsteine wie Aquamarine, Zitrine und Amethyste. Sehr beliebt ist der Tutti-frutti-Stil, mit geschliffenen und geschnitzten Rubinen, Saphiren und Smaragden – Cartiers berühmte Erfindung. 1911 reist Jacques Cartier zur Kaiserkrönung George V. nach Dehli. Er festigt seine Kontakte zu indischen Herrscherhäusern, besucht ihre Paläste. Die Zeit in Indien beeinflusst nicht nur den langen wirtschaftlichen Erfolg des Juwelierhauses, sondern inspiriert Cartier zu neuen kreativen Höchstleistungen im Schmuckdesign. Nach der Indienreise 1911 mischt Cartier unverkennbar indische Eindrücke, Steine und Elemente mit westlichen Formen. Indische Herrscher lassen sich umfangreiche Schmuckkollektionen aus mitgebrachten Steinen und Diamanten von Cartier herstellen. In Frankreich nennt man ihn den „Mogul-Stil“, da die Steine aus den Schatzkammern der indischen Maharadschas stammen. Die Edelsteine werden in Blätter- und Blütenformen geschliffen und zu kleinen Kunstwerken zusammengestellt. Berühmt ist das Bandeau der Vizekönigin von Indien, Lady Edwina Mountbatten, 1928 bei Cartier in London erstanden. Es ist vielseitig tragbar als Diadem, Hals- oder Armschmuck. Wie ein Rankengewächs aus Diamanten, besetzt mit Beeren aus Saphiren, Blättern und Früchten geformt aus geschnitzten indischen Rubinen, Saphiren und Smaragden, steht das farbenfrohe Stirnband als Symbol des abwechslungsreichen, farbigen, unkonventionellen und unabhängigen Lebens seiner Besitzerin – einer Patentochter König Edward VII.

Die Goldenen Zwanziger Jahre sind aufgeklärt, selbstbewusst und sachlich. Das schlägt sich in der Mode nieder mit tief dekolletierten, ärmellosen kurzgeschnittenen Kleidern im Charlston-Look und modischen Kurzhaarfrisuren wie dem Bubikopf. Längliche Ohrringe erfreuen sich großer Beliebtheit, als Ersatz für Kämme, Nadeln und Stecker, die sonst in den Haaren funkelten. Doppelspangen halten Kleidungsstücke zusammen oder werden als Broschen getragen. Platin und Diamanten wie auch starke Kontraste überwiegen im Schmuck, der nun fester Bestandteil der weiblichen Gesamterscheinung ist. Avantgarde, Moderne, Kubismus und Surrealismus prägen die Kultur bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Protagonisten sind in der Kulturwelt Picasso, Bracque, Dali, Beckmann, Debussy, Schönberg, Prokofjew, uvm. Die Filmindustrie erblüht, Kino entwickelt sich in den ersten drei Jahrzehnten und übernimmt eine immense Rolle – mit Hollywood als „Filmmacht“ an der Spitze.